Neuregelung der Vergütung von Pflegematerial ab 1. Oktober 2022
Die Leistungserbringer befürchten eine Mehrbelastung der Patientinnen und Patienten und fordern eine verlängerte Übergangsfrist auf Verordnungsebene.
Die Umsetzung des neuen Vergütungsregimes für das Pflegematerial könnte für die Patientinnen und Patienten unangenehme Folgen haben: Per 1. Oktober 2022 fällt die aktuell geltende Übergangsregelung weg und Pflegematerial wird nur noch vergütet, wenn es auf der sogenannten Mittel- und Gegenständeliste (MiGel) aufgeführt ist. Nicht alle zum Einsatz kommenden Pflegematerialien werden jedoch rechtzeitig in die Liste aufgenommen werden können – mit der Folge, dass in diesen Fällen künftig Patientinnen und Patienten zur Kasse gebeten werden. Trotz dieser Finanzierungslücke erkennt der Bundesrat keinen Handlungsbedarf, wie seine Antwort auf eine Interpellation aus den Reihen des Nationalrats deutlich macht. Die Verbände der Leistungserbringer stehen hinter dem neuen Vergütungsregime für das Pflegematerial. Sorge bereitet ihnen jedoch die Umsetzung, denn sie führt zu einer Mehrbelastung der Patientinnen und Patienten. Um eine Finanzierungslücke zu verhindern, fordern die Verbände ab 1. Oktober 2022 eine verlängerte Übergangsregelung auf Verordnungsebene. Zudem kritisieren sie die Ansicht des Bundesrats, dass die Leistungserbringer für die Alimentierung der MiGel-Liste verantwortlich wären und, dass keine weitere Übergangsregelung notwendig sei. Die bundesrätliche Antwort auf die Interpellation 22.3176 «Neues Vergütungsregime für das Pflegematerial. Keine Finanzierungslücken in der Übergangszeit» vermittelt aus Sicht der Leistungserbringer-Verbände der Pflege kein korrektes Bild. Die Verbände halten deshalb in aller Klarheit fest:
• Die Leistungserbringer haben gemeinsam eine Liste des heute angewandten Pflegematerials erarbeitet und dem Bund zur Verfügung gestellt. Damit haben sie im Rahmen ihrer Kompetenzen und kooperativ einen zentralen Beitrag geleistet. Es ist jedoch nicht ihre Aufgabe, die Arbeit der Industrie zu übernehmen und die Aufnahme von kommerziellen Produkten in eine Produkteliste zu beauftragen. Weder Spitexorganisationen noch Pflegeheime verfügen über die dafür notwendigen Informationen zu Produktion, zu Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW-Kriterien), Studienergebnissen oder Preisvergleichen mit dem Ausland. Diese Informationen liegen den Herstellern dieser Produkte vor und es war auch bis anhin ihre Aufgabe, diese Produkte zur Aufnahme in die MiGeL zu beantragen.
• Ist ein Produkt ab dem 1. Oktober 2022 nicht auf der MiGel-Liste, wird es den Patientinnen und Patienten in Rechnung gestellt, sofern es nicht von anderen Finanzierern (z.B. Kantone, Gemeinden) übernommen wird. Die Verbände der Leistungserbringer können zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen, wie viele Produkte oder Produktegruppen, die vom Bundesrat erwähnten 35 eingereichten Anträge umfassen.
• Anders als der Bundesrat in seiner Antwort darlegt, haben sich die Verbände der Leistungserbringer zu keinem Zeitpunkt zuversichtlich geäussert, dass mit den eingereichten Anträgen die Mehrheit der Produkte abgedeckt sei. Vielmehr haben sie Anfang Jahr 2022 betont, dass mit den beabsichtigten Anträgen und bei deren Aufnahme in die MiGeL keine Fehlversorgung drohen dürfe. Aus Sicht der Leistungserbringer-Verbände kann es nicht sein, dass ihnen durch die Behörden Aufgaben auferlegt werden, die nicht in ihrer Kompetenz liegen. Hier zeichnet sich eine Systemlücke ab, die dringend behoben werden muss
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